Interkulturelle Planspiele: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 17. September 2014, 16:35 Uhr
Interkulturelle Planspiele unterscheiden sich in der Regel von traditionellen Planspielen sowie Unternehmensplanspielen hinsichtlich ihres Einsatzes bei interkulturellen Situationen, wobei die Sensibilisierung auf interkulturelle Kompetenz eine wesentliche Rolle spielt. Dabei geht es insbesondere um die Übertragung von Sach-, Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenz durch die Teilnahme der Beteiligten an einer interkulturellen Fallstudie, die nach Möglichkeit konkret und real ist. Es ist vorgesehen, dass die Teilnehmer miteinander interagieren und die Initiative zur Findung einer Lösung übernehmen. Interkulturelle Trainer oder Coaches verbergen den Ausgang der Fallstudie, legen jedoch das Ziel fest. Jeder Teilnehmer behält bei der Interaktion mit den anderen Mitglieder seine eigene Rolle und Funktion, die dazu beiträgt, dass während des Handelns eine interkulturelle Situation zu Stande kommt, wo Akteure unterschiedlicher kultureller Hintergründe konkret miteinander konfrontiert werden. In dieser Hinsicht unterscheiden sich Planspiele von Rollenspielen, Simulationen und Projekten. Ein verbreitetes, häufig eingesetztes interkulturelles Planspiel ist das Zuckerturmspiel.
Anwendungsbereiche und Lernziele interkultureller Planspiele
Interkulturelle Planspiele können vielseitig angewendet werden. Am Anfang eines Trainings können sie als Eisbrecher fungieren, da durch sie das Interesse geweckt wird, mehr über die Trainingsinhalte zu erfahren und die Beteiligte die Möglichkeit haben, sich kennen zu lernen. In der Mitte des Trainingsablaufs können interkulturelle Planspiele Theorien oder Konzepte den Teilnehmern verständlicher machen, während ihr Einsatz am Ende eines Trainings geeignet sein kann, wenn ein großes Ausmaß an theoretischen Grundlagen von den Teilnehmern erarbeitet werden muss.1 Interkulturelle Planspiele bieten sich außerdem bei Trainingsmaßnahmen in Unternehmen an. In diesem Kontext ermöglichen sie den Teilnehmern die Vereinbarung von zeitlichen und inhaltlichen Bedürfnissen, die sich ansonsten als problematisch erweisen: Die Vermittlung von Kompetenzen zum Umgang mit fremdkulturellen Situationen, die mit einer begrenzten zeitlichen Verfügbarkeit kombiniert werden muss. Die Teilnahme an interkulturellen Planspielen als Trainingsmaßnahme im Unternehmensumfeld erweist sich demzufolge sowohl als theoretisch fundiert als auch als Möglichkeit zur Entwicklung interkultureller Kompetenz im beruflichen Umfeld. Die Teilnehmer lernen durch Trainingsmaßnahmen mit unternehmensbezogenen interkulturellen Situationen umzugehen, die auch später im realen beruflichen Alltag bewältigt werden müssen.2 Das wichtigste Lernziel interkultureller Planspiele konkretisiert sich somit in der Synergiebildung zwischen Teilnehmern unterschiedlicher kultureller Hintergründe, so dass die Interaktion zu einem Perspektivenwechsel der Akteure führt und eine Reflexion der Eigen- sowie Fremdkulturen erfolgen kann. Aus diesen Zielen ergeben sich weitere Einsatzmöglichkeiten interkultureller Planspiele, die an verschiedene Zielgruppenkategorien angepasst werden können – Mitarbeiter sowie Schüler und Studenten. Ein weiteres Lernziel besteht darin, das Verhalten der sich in einer wirklichkeitbezogenen interkulturellen Situation befindenden Teilnehmer beobachten und bewerten zu können. Hierbei spielt das sogenannte Debriefing eine relevante Rolle, das Beobachtung, Reflexion sowie Beurteilung des Spielablaufs berücksichtigt und meist durch die Analyse von Videoaufnahmen des Planspiels durch den Trainer bzw. Coach durchgeführt wird. Besonderer Augenmerk liegt hierbei auf den Emotionen, die während des Planspiels entstanden sind, sowie die Aufklärung von Fragen und Unverständnissen hinsichtlich Regeln und Spielabschnitte. Da eines der Hauptziele interkultureller Planspiele die Schaffung synergiefördernder interkultureller Situationen ist, sollten kulturelle Unterschiede beim Handeln nicht betont werden. Es gilt keine Tendenz zur Stereotypisierung zu schaffen, die in Kontrast zum Lernziel des interkulturellen Planspiels steht und die Teilnehmer verwirren könnte. Die Analyse der Rollen- und Funktionsdifferenzierung, der Prozesssteuerung und der Kommunikationsebenen im Team sind hingegen wesentliche Faktoren, die eine erfolgreiche Reflexion der interkulturellen Handelsprozesse kennzeichnen.3 Einordnung interkultureller Planspiele in die Methodenlandkarte Interkulturelle Planspiele stellen für Trainingspersonen eine Methodentypologie, die sich nur als erfolgreich erweisen kann, wenn sie nicht mehr als ein einziges Mal in identischer Form angewendet wird. Zur wirksamen Umsetzung interkultureller Planspiele kommen in dieser Hinsicht die vier Bedingungsfaktoren interkultureller Trainings zum Einsatz, die eine Anpassung an den Besonderheiten der Anforderungen der Zielgruppe, Trainer sowie Kontext der Übung gewährleisten. Eine genauere Spezifizierung der methodischen Varianten, die mit bestimmten Kontextgegebenheiten am besten kombiniert werden können, bietet dazu die sogenannte Methodenlandkarte an, wo die verschiedenen Trainingsmethoden und Übungstypologien in die Zellen einer Matrix aufgeteilt werden, die aus kulturunspezifische, kulturspezifische und interkulturelle Inhalte sowie distributiven, interaktiven und kollaborativen Methoden besteht. In dieser Schematisierung sind interkulturelle Planspiele in einem Bereich zu finden, wo einerseits interkulturelle und andererseits interaktive Trainingsmethoden gruppiert sind. Diese Klassifizierung ergibt sich aus dem hohen Grad an interkultureller Zusammenarbeit, Offenheit und Eigendynamik, die für diese Methodentypologie charakteristisch sind. Diese Komponenten bestimmen auch weitgehend die virtuelle Variante von interkulturellen Planspielen, die in der Form von internetbasierten interkulturellen Planspielen zu finden ist. Der wichtigste Unterschied zwischen diesen beiden Formen besteht darin, dass die Beteiligten nicht vor Ort an dem Planspiel teilnehmen, sondern sie interagieren mittels bestimmter Plattformen, die ihnen trotz der geographischen Distanz eine synchrone Mitarbeit ermöglichen. Chancen und Herausforderungen interkultureller Planspiele Interkulturelle Planspiele unterscheiden sich von anderen traditionelleren, distributiven Trainingsformen hinsichtlich der Interaktion, die zwischen den Teilnehmern entsteht. Aus diesem Grund lässt sich ein hoher Grad an Synergie feststellen, der aus der Zusammenarbeit entsteht und die die einzelnen Teilnehmer alleine nicht hätten erreichen können. Darüber hinaus ermöglicht die Kooperation zwischen den Teilnehmern eine Steigerung ihres Zugehörigkeitsgefühls zu der Gruppe und fördert gleichzeitig ihre Fähigkeit, von den anderen zu lernen. Diese Methode eignet sich deshalb auch für Trainees und ermöglicht ihnen das Ausprobieren neuer Verhaltensweisen in einem sicheren Kontext.4 Die benannten Faktoren können weitgehend als Chancen interkultureller Planspiele betrachtet werden. Andere Vorteile, die diese Übungsmethode mit sich bringt, bestehen in der hohen Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an verschiedene Lernziele, Inhalte und Zielgruppen. Weitere Chancen interkultureller Planspiele können außerdem in ihrer Ganzheitlichkeit erkannt werden. Die Vermittlung fremd- bzw. interkultureller Spezifika wird mit der Reflexion des eigenen interkulturellen Verhaltens ergänzt, die während des Debriefings erfolgt. Aus diesen Gründen lassen sich mit einem erheblich reduzierten Zeitaufwand mehrere inhaltliche qualitative und quantitative Vorteile erzielen.5 Merkmale interkultureller Planspiele, die hingegen zu den Herausforderungen zählen, bestehen darin, dass dadurch fremdkulturelle Szenarien in genuiner Form nur begrenzt generiert werden können Dies korreliert in der Regel mit langen Realisierungszeiten interkultureller Planspiele, die meistens drei Stunden dauern und eine bestimmte Anzahl an Teilnehmern benötigen. Aus diesen Herausforderungen entsteht somit die Notwendigkeit, Trainingsmaßnahmen vor der Entsendung in fremdkulturelle Kontexte mit interkulturellen Betreuungsmaßnahmen on-the-job zu kombinieren.6
Einzelnachweise:
1, 4, 6 Landis, Dan, Bennet, Janet Marie, Bennet, Milton J. (2004): Handbook of intercultural training, SAGE Publications, Thousand Oaks, 63-65. Online unter: http://books.google.it/booksid=U512AwAAQBAJ&pg=PT95&lpg=PT95&dq=simulation+games+intercultural+training&source=bl&ots=S2OxQ3RKIh&sig=fdato89TgKZIOKuG3BKhe-FgZdo&hl=it&sa=X&ei=WQYQVMCGBaiaygPBtoLIDA&ved=0CCkQ6AEwADgK#v=onepage&q=simulation%20games%20intercultural%20training&f=false
2 Bolten, Jürgen (1999): InterAct. Zur Konzeption eines interkulturellen Unternehmensplanspiels. In: InterAct. Ein wirtschaftsbezogenes interkulturelles Planspiel für die Zielkulturen Australien, Deutschland, Frankreich, Italien, Großbritannien, Niederlande, Ostasien, Rußland, Spanien und USA. Online unter: http://www2.uni-jena.de/philosophie/iwk/publikationen/interactbolten.pdf
3 Strohschneider, Stefan (2010): Planspiele und Computersimulationen. In: A. Weidemann, J. Straub, S. Nothnagel (Hg.), Wie lernt man interkulturelle Kompetenz? Theorien, Methoden und Praxis in der Hochschulausbildung, transcript, Bielefeld, 241-264.
5 Bolten, Jürgen (2002): Interkulturelle Kompetenz und ganzheitliches Lernen. Zur Theorie und Praxis interkultureller Kompetenzvermittlung in der Wirtschaft. Online unter: http://www2.unijena.de/philosophie/IWKneu/typo3/fileadmin/team/juergen.bolten/interkulturelle_kompetenz_ganzheitliches_Lernen_bolten.pdf